Читать онлайн Озорные истории из Баварии / Freche Geschichten aus Bayern. Уровень 1 бесплатно
Ludwig Thoma
Freche Geschichten aus Bayern
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© Антонов М. С., Алешина П. Д., адаптация текста, комментарии и словарь, 2022
© ООО «Издательство АСТ», 2022
In den Ferien
Es waren Ferien. Sie dauerten schon vier Wochen. Meine Mutter hat oft geseufzt, dass wir so lange frei haben. Alle Tage passiert etwas. Meine Schwester hat gesagt, dass ich ein großes Problem für die Familie bin.
Einmal kam der Lehrer Wagner zu uns. Er kommt oft, weil meine Mutter so viel vom Obst versteht. Sie können miteinander reden. Er hat erzählt, dass seine Pfirsiche schön werden. Und dann hat er auch gesagt, dass die Volksschule in zwei Tagen schon wieder beginnt.
Meine Mutter hat gesagt, dass das Gymnasium auch schon beginnt. Sie war deshalb froh. Aber es gibt noch drei Wochen.
Der Lehrer sagte: »Ja, ja, es ist nicht gut, dass die Burschen so lange frei haben«. Und dann ist er gegangen. Zufällig habe ich an diesem Tage einen Fisch gestohlen.
Der Fischer hat mich furchtbar geschimpft. Meine Schwester hat gesagt: »Was hilft es? Morgen fängt er etwas anderes an. Kein Mensch will mehr mit uns umgehen«. Meine Mutter hat gesagt, dass etwas passieren muss.
Auf einmal wollten sie, dass ich schon in die Volksschule gehen darf.
Der Herr Lehrer tut ihnen den Gefallen[1]. Ich habe gesagt, das geht nicht. Lieber will ich nichts mehr beginnen und sehr fleißig sein.
Einen Tag ist es gut gegangen. Aber am Mittwoch habe ich es nicht mehr ausgehalten.
Neben uns wohnt der Geheimrat Bischof. Seine Frau mag mich nicht. Wenn ich bloß den Zaun entlang komme, schreit sie zu ihrer Magd: »Elis, beachten Sie, der Lausbub ist da«. Sie haben eine Angorakatze. Sie darf immer dabei sitzen.
Die Frau Geheimrat fragt sie beim Kaffeetrinken: »Mag Miezchen ein bisschen Milch? Mag Miezchen vielleicht auch ein bisschen Honig?«
Am Mittwoch war die Katze bei uns. Unsere Magd hat sie gefüttert. Da habe ich sie genommen und sie im Stall eingesperrt.
Die Frau Geheimrat hat beim Kaffeetrinken gerufen: »Miezi! Miezi! Elis, haben Sie Miezchen nicht gesehen?«
Aber die Magd hat es nicht gewusst. Dann hat die Frau Geheimrat zu ihrem Mann gesagt: »Eugen, hast du Miezchen nicht gesehen?« Und er hat »Nein «gesagt.
Aber die Frau Geheimrat war ganz nachdenklich.
Inzwischen war ich mit der Katze im Stall. Ich habe ihr an den Schwanz einen Pulverfrosch gebunden. Dann habe ich den Frosch angezündet. Danach habe ich die Katze freigelassen. Sie ist furchtbar gelaufen.
Die Magd hat geschrien: »Frau Geheimrat, Mieze kommt schon«. Und dann habe ich die Stimme von ihr gehört. Sie sagte: »Wo ist nur mein Kätzchen? Da bist du ja! Aber was hat das Tierchen am Schweif?« Dann hat es furchtbar gezischt. Sie haben geschrien. Die Tassen sind auf den Boden gefallen. Der Geheimrat hat gesagt: »Das war der Lausbub«.
Ich habe mich im Zimmer von meiner Schwester versteckt. Meine Mutter und Anna haben auch Kaffee getrunken. Meine liebe Mutter sagte gerade: »Siehst du, Ännchen, Ludwig ist nicht so schlimm. Gestern hat er den ganzen Tag gelernt«.
Jetzt sind auf einmal von unserem Garten der Geheimrat und die Frau Geheimrat gewesen. Meine Mutter sagte: »Ich glaube, die Geheimrats machen uns Besuch«.
Ich hörte, dass sie gesagt hat: »Nein, das ist lieb von Ihnen«. Aber der Geheimrat hat gesagt, dass seine Katze wahnsinnig ist. Die drei Tassen sind auch kaputt. Und es hat niemand anderer wie ich getan[2].
Meine Mutter hat geweint. Der Geheimrat hat gesagt, dass meine Mutter die Tassen bezahlt. Eine kostet zwei Mark, weil es so gutes Porzellan war.
Ich war furchtbar zornig, dass die Hände meiner alten Mutter ganz zittrig waren, wie sie das Geld aufgezählt hat[3]. Die Frau Geheimrat hat es eingesteckt. Sie hat gesagt, dass die arme Katze wahnsinnig geworden ist. Das war das Schrecklichste. Dann sind sie gegangen. Er hat noch gesagt: »Der Himmel prüft Sie hart mit Ihrem Kind«.
Ich habe noch länger in den Garten hinuntergeschaut. Da waren meine Mutter und meine Schwester am Tisch. Sie haben sich mit ihren Sacktüchern die Tränen abgewischt. Ich bin ganz traurig geworden.
Ich habe gedacht, dass es gemein von dem Geheimrat war. Er hat das Geld genommen. Ich möchte die Katze kaputt machen. Wenn sie dann ruft: »Wo ist denn nur unser Miezchen«, dann schmeiße ich den Schwanz über den Zaun. Aber ich muss noch denken, wie ich es mache. Dann kann es niemand merken.
Dann bin ich nach Hause zum Essen gegangen. Anna ist schon an der Tür gestanden. Sie hat gesagt, dass ich allein in meinem Zimmer essen muss. Ich muss morgen in die Schule gehen. Der Herr Lehrer Wagner hat es angenommen.
Ich wollte schimpfen. Es ist eine Schande, dass ein Lateinschüler mit den dummen Schulkindern zusammen sitzt. Aber ich habe gedacht, dass meine Mutter so geweint hat. Und da habe ich mir alles gefallen lassen[4].
Ich bin am andern Tag in die Schule gegangen. Es war bloß ein Zimmer. Da waren alle Klassen. Der Lehrer hat mich in die erste Bank gesetzt. Dann hat er gesagt, dass sich die Kinder Mühe geben sollen.
Heute sitzt unten ihnen ein großer Gelehrter. Er kann Lateinisch sprechen. Das hat mich geärgert, weil die Kinder gelacht haben.
Ein Kind hat ein Lesestück vorlesen müssen. Es hat «Der Abend» geheißen. Es beginnt so: »Die Sonne geht zur Ruhe. Und am Himmel kommt der Abendstern. Die Vöglein verstummen mit ihren lieblichen Gesänge. Nur die Grillen zirpen im Felde. Da geht der fleißige Bauersmann heim. Sein Hund bellt freudig. Und die Kinder springen ihm entgegen«. So ist es weiter gegangen. Es war furchtbar dumm.
Der Lehrer sagte, die Kinder von der siebenten Klasse müssen es nun aus dem Kopfe[5]schreiben. Er lädt den Herrn Lateinschüler auch ein.
Er hat mir eine Tafel und eine Kreide gegeben. Dann sagte er, dass er eine halbe Stunde in die Kirche gehen muss. Furtner Marie hat die Aufsicht. Sie war auch von der siebten Klasse und die Tochter von einem Bauern. Da bin ich noch zorniger geworden.
Ich habe meinen Nachbarn gefragt: »Willst du heute nachmittags zum Fischen gehen?«
Da hat Furtner Marie gerufen: »Ruhig! Noch ein Wort und ich schreibe deinen Namen an die Tafel«.
Ich habe gesagt: »Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin. Ich will es nicht mehr tun«.
Dann habe ich einen Schlüssel aus der Tasche. Ich habe ihn beim Pfeifen probiert.
Dann schrieb Furtner Marie an der Tafel: »Thoma hat gepfiffen«.
Ich habe gesagt: »Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin. Was soll ich denn machen, dass Sie meinen Namen an die Tafel nicht schreiben?«
Sie sagte, dass ich den Aufsatz «Der Abend» schreiben muss.
Dann habe ich wieder gesagt: »Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin. Darf ich es nicht vorlesen? Dann könnten Sie mir sagen, ob es recht ist«.
Sie war stolz, dass sie einem Lateinschüler etwas sagen muss. Sie hat gesagt: »Ja, du darfst es vorlesen«.
Da habe ich recht laut gelesen: »Die Sonne geht zur Ruhe. Der Abendstern ist auf dem Himmel. Vor dem Wirtshause ist es still. Auf einmal macht man die Tür auf. Der Kellner wirft einen Bauersmann hinaus. Er ist betrunken. Es ist der Vater von Furtner Marie«.
Da haben alle Kinder gelacht. Furtner hat zu heulen angefangen. Sie hat geschrieben: »Thoma war ungezogen«. Das hat sie dreimal unterstrichen.
Und dann habe ich Furtner Marie bei ihrem Zopf gepackt. Zuletzt habe ich ihr eine Ohrfeige gegeben.
Jetzt ist der Lehrer gekommen. Er war zornig. Er sagte, dass er mich zwei Stunden nach der Schule einsperrt. Das hat er auch gemacht.
Es war schon elf Uhr. Ich hatte furchtbar Hunger. Es war wirklich eine Schande für mich, dass man mich in der Volksschule eingesperrt hat.
Ich wollte die Schule verlassen. Ich machte das Fenster auf. Ich dachte: »Wenn man auf die Erde springt, tut es vielleicht nicht weh. Es war nicht so hoch«. Ich probierte es. Ich bin langsam hinausgestiegen. Ich habe die Füße vorsichtig auf die Latten gestellt. Sie haben mich gut getragen. Dann dachte ich, dass ich die Pfirsiche mitnehmen kann. Ich habe alle Taschen und den Hut auch voll gesteckt.
Dann war ich zu Hause. Ich legte die Pfirsiche in meinen Kasten. Am Nachmittag ist ein Brief vom Herrn Lehrer gekommen. Ich darf in die Schule nicht mehr gehen. Da war ich froh.
Der Kindlein
Unser Religionslehrer heißt Falkenberg. Er ist klein und dick. Er hat eine goldene Brille.
Wenn er etwas Heiliges redet, macht er seinen Mund spitzig. Er ist sanft und sagt zu uns: »ihr Kindlein«. Deswegen haben wir ihn den Kindlein geheißen.
Er ist aber gar nicht so sanft. Wenn man ihn ärgert, sperrt er einen viel länger wie unser Klassenprofessor ein. Er schimpft und sagt: »Mistiger Lausbub«. Er hat zu mir einmal gesagt: »Ich haue das größte Loch in die Wand mit deinem Kopf«.
Meinen Vater hat er gut gekannt. Er ging mit ihm einmal im Gebirge auf die Jagd. Ich glaube, er kann mich deswegen gut leiden.
Mich hat Merkel verpetzt, dass ich ihm einen Stoß gegeben habe. Dann gab der Kindlein mir zwei Stunden Arrest. Aber wie alle fort waren, kam er in das Zimmer und sagte zu mir: »Gehe nach Hause, du Lauskerl! Sonst wird die Suppe kalt«. Er heißt Gruber.